Donnerstag, 22 August, 2019
Reinkarnationstherapie – Rückführungen mit Hypnose
„Ich suche nach einem Reinkarnationstherapeuten in Nürnberg. Machen Sie auch Reinkarnationstherapie?“ Da ich als ausgebildeter Hypnosetherapeut immer wieder mit dem Wunsch nach einer Rückführung in die Kindheit oder frühere Leben konfrontiert werde, möchte ich hier an dieser Stelle auf Reinkarnationstherapie bzw. Rückführungen mit Hypnose näher eingehen.
Was ist eine Rückführung?
Reinkarnationstherapeuten gehen davon aus, dass die Probleme bzw. Symptome ihrer Patienten ursächlich durch Traumata aus der Vergangenheit entstanden sind. Diese Traumata sollen bei der Rückführung bewusst gemacht und bearbeitet werden. Nach Ansicht von Reinkarnationstherapeuten können diese traumatischen Ereignisse nicht nur bis in die Kindheit zurückreichen, sondern auch pränatal, d.h. vor der Geburt im Mutterleib entstanden sein oder gar in früheren Leben. Verschiedene Ereignisse können sich im Laufe der Zeit vielschichtig miteinander verknüpft und sich so zu einem Trauma verschmolzen haben.
Bei einer Rückführung wird der Klient vom Hypnosetherapeuten angeleitet, sich in der Vorstellung zu einem Ereignis oder einen Ort in der Vergangenheit zu begeben. Meist nutzt der Rückführungstherapeut dazu Suggestionen wie Beispielsweise „Du gehst jetzt in eine Szene, in der Du mit Deiner Mutter zusammen bist“. Oder er arbeitet mit der vom Psychologen John Watkins benannte Methode der Affektbrücke. Dabei wird, ausgehend von bestimmten Körperempfindung oder Emotion im Hier-und-Heute, eine assoziative Verknüpfung mit Ereignissen und Erinnerungen in der Vergangenheit hergestellt.
Falsche Erinnerungen
Bei den Erinnerungen, die während einer Rückführung in Hypnose auftauchen, gibt es allerdings ein Problem: Durch Experimente der amerikanischen Psychologin Elizabeth Loftus konnte eindrücklich gezeigt werden, dass Erinnerungen beeinflussbar sind.
Die Psychologin gab Versuchspersonen Berichte über Erlebnisse aus deren Kindheit. Ihnen wurde gesagt, dass diese Berichte von Verwandten verfasst wurden. Es handelte sich dabei z.B. um ein Erlebnis, bei dem sich die Versuchsperson im Vorschulalter in einem Kaufhaus verirrt haben soll. Die Versuchspersonen wurden gebeten, sich an diese Ereignisse zu erinnern. 25% von Ihnen meinten, sich an dieses Erlebnis zu erinnern, obwohl dies eine reine Erfindung war und nie stattgefunden hat.
Dieser sogenannte False-Memory-Effekt ist auch der Grund, weshalb die Ergebnisse von forensischer Hypnose in Deutschland vor Gericht als Beweismittel nicht zugelassen sind.
Explizites und implizites Gedächtnis
Eine weiteres Problem bei der Reinkarnationstherapie ist, dass es zwei Arten von Gedächtnis gibt: Das explizite und das implizite Gedächtnis. Im expliziten Gedächtnis handelt es sich um das biographische Gedächtnis, in dem die Lebensereignisse in sprachlicher Form abgespeichert sind. Deshalb wird es auch narratives Gedächtnis genannt. Im impliziten Gedächtnis hingegen sind Sinneseindrücke und Emotionen zeitlich unsortiert und sprachlich uninterpretiert gespeichert. Die Interpretationen, die im implizierten Gedächtnis stattfinden, laufen ehr auf einer niedrigen Ebene ab („angenehm“, „unangenehm“, „neutral“) und sind ehr Reflexgebunden, z.B. Kampf, Flucht oder Totstellen bei Gefahr.
Das narrative Gedächtnis entwickelt sich erst im Laufe des Spracherwerbs, also innerhalb der ersten Lebensjahre. Deshalb ist es nach heutigem Stand der Forschung nicht möglich, sich quasi explizit, d.h. chronologisch an Ereignisse zu erinnern, die vor dem Spracherwerb stattgefunden haben. Was aus dieser Zeit implizit erinnert wird, kann sprachlich nicht bzw. nur symbolhaft ausgedrückt werden.
Sind die Erinnerungen in einer Rückführung also nicht echt?
Kommt darauf an, was mit „echt“ gemeint ist. Meiner Ansicht nach sind die Erinnerungen in einer Rückführung unter Umständen nicht echt im Sinne von historisch und chronologisch 100 prozentig korrekter Ereignisse. Echt sind sie insofern, als dass sie als real erlebt werden, der emotionale und sinnhafte Gehalt also echt ist und somit auch die körperlichen und seelischen Reaktionen. In einer Therapie geht es im Gegensatz zur Forensik oder Geschichtswissenschaft nicht um historische Belege und Beweise, es geht nicht darum, einen Schuldigen zu suchen. Es geht einzig und allein darum, Heilung zu finden.
Ist eine echte Rückführung in ein früheres Leben möglich?
Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob es Wiedergeburt überhaupt gibt. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es dafür keine schlüssigen Beweise, auch wenn viele Millionen Menschen an das Konzept der Reinkarnation glauben. Für die Therapie spielt es für mich keine Rolle, ob wir bestimmte Gedanken, Bilder, Gefühle, Empfindungen, die bei einer Reinkarnationstherapie auftauchen, als Erinnerungen aus früheren Leben interpretieren wollen oder alternativ andere Deutungen dafür finden. Wenn es Ihnen hilft, daran zu glauben, dass der Schlüssel zur Bewältigung Ihrer Problem in einem früheren Leben zu finden ist, dann haben Sie meine volle Unterstützung dabei. Und wenn Sie nicht an Reinkarnation glauben wollen, dann gibt es neben einer Rückführung oder Reinkarnationstherapie eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten der Psychotherapie, eine Besserung Ihrer Symptome zu bewirken oder eine Lösung für Ihre Probleme zu finden.
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