Freitag, 5 Mai, 2017
Get Out – Kann Hypnose willenlos machen?
Letzte Woche ist der Horrorfilm „Get Out“ in den Kinos in Nürnberg angelaufen. In Get Out wird Hypnose von einer weißen Familie benutzt, um den afroamerikanischen Verlobten der Tochter des Hauses willenlos zu machen. Unter dem Vorwand, ihm beim Rauchen aufhören zu helfen, wird er von seiner zukünftigen Schwiegermutter hypnotisiert und reagiert
in der Folge auf das Klimpern ihres Teelöffels durch Ohnmachtsanfälle. In seinen Körper soll das Gehirn eines alten blinden Verwandten eingepflanzt werden, damit dieser jung und gesund weiterleben kann.
Es mag sein, dass es für einen Horrorfilm ein kreativer Ansatz ist, Hypnose als machtvolles Werkzeug in die Handlung einzuführen, um Spannung zu erzeugen und mit der Urangst der Ohnmacht und Willenlosigkeit zu spielen. Doch bin ich als Hypnosetherapeut nicht begeistert, dass Hypnose in den Köpfen der Zuschauer wieder mal mit Angst und Unsicherheit verbunden wird. Sicher wird sich nach dem Filmbesuch der ein oder andere Kinogänger fragen: Kann Hypnose tatsächlich willenlos machen? Bin ich einem Hypnotiseur machtlos ausgeliefert? Ist Hypnose gefährlich?
Was ist Hypnose?
Um auf diese Fragen zur Hypnose eine passende Antwort zu geben, möchte ich erst einmal kurz erläutern, was Hypnose meiner Ansicht nach ist: Hypnose ist eine bestimmte Art der Kommunikation, also eine bestimmte Art des Sprechens, mit dem Ziel, jemanden zum einen durch eine Veränderung der Wahrnehmung und des Bewusstseins in eine Trance zu leiten, und zum anderen die Kreativität des Geistes anzuregen um Räume für Veränderung zu öffnen. Eine Trance ist ein vom „Alltagsbewusstsein“ abweichender „Zustand“, in dem die Aufmerksamkeit stark fokussiert ist. In Trance ist man meistens körperlich entspannt, während der Geist sehr wach und empfänglich ist für Suggestionen, d.h. Anregungen seitens des Hypnosetherapeuten.
Ist Hypnose gefährlich?
Auf die Frage, ob Hypnose gefährlich ist, stelle ich manchmal die Gegenfrage: Ist Sprache gefährlich? Sprache kann genutzt werden, um Menschen zu beschimpfen, zu demütigen, um Zwietracht und Gewalt zu säen. Sprache wird in der Werbung als ein Mittel genutzt, um Menschen zu beeinflussen, ein Produkt gut zu finden und zu kaufen. Sprache kann aber auch genutzt werden, um Verbindung zwischen den Menschen herzustellen, Verständnis und Frieden zu stiften. Worte können trösten, heilen und die Phantasie beflügeln, um Lösungen zu finden.
Kann Hypnose willenlos machen?
Die meisten Psychologen vertreten die Ansicht, dass es unmöglich ist, einen Menschen zu hypnotisieren, der sich gegen die Beeinflussung wehrt. Man muss bereit dazu sein, sich der Führung durch den Hypnotiseur anzuvertrauen und die Entspannung zulassen. Grundlage dafür ist Vertrauen, das bei einer Hypnosetherapie häufig erst im Laufe der gemeinsamen Zeit wachsen kann. Es ist deshalb ein Unterschied, ob ich jemanden, der mir auf der Straße begegnet, „einfach so“ hypnotisieren will oder ob ein Klient zu mir in die Praxis kommt, mit dem erklärten Wunsch, sich hypnotisieren zu lassen. Trotzdem ist meine Praxis wahrscheinlich einer der sichersten Orte der Welt, wie ich manchmal zu meinen Klienten sage. „Sie wissen, dass Sie hier jemandem gegenüber sitzen, der sich mit Hypnose auskennt. Ich kann Sie hier also nicht einfach überrumpeln, da Sie Ihre gesunde Vorsicht und Wachsamkeit solange beibehalten können, bis Sie sich wohl mit mir fühlen und Sie soviel Vertrauen gefasst haben, dass Sie sicher sein können, dass Ihnen nichts passiert, was Sie nicht möchten.“
Nach Auffassung der meisten Hypnoseexperten ist es unmöglich, jemanden unter Hypnose zu Taten zu zwingen, die seinen Werten, seiner Einstellung zum Leben und seinem Wesen widersprechen (siehe dazu auch meinen Ausführungen in meinem Blogbeitrag Hypnose im Film. Zu einem Verbrechen würde man jemanden nur bringen können, wenn dieser auch ohne Hypnose bereit dazu wäre. Das Szenario eines Verbrechens unter Hypnose gehört also genauso zur Fiktion des Hollywood-Kinos wie die Vorstellung eines hilflosen Opfers, das durch Hypnose ohnmächtig und gefügig gemacht werden soll.
Wenn Sie also Spaß am Gruseln haben, dann gehen Sie ins Kino und sehen Sie sich „Get Out“ an. Wenn Sie sich jedoch für Hypnose und Problemlösung interessieren oder ersthaft mit dem Gedanken spielen, das Rauchen aufzuhören und sich Unterstützung zur Raucherentwöhnung wünschen, dann rufen Sie mich an oder schreiben mir eine Email und vereinbaren einen Termin zum Erstgespräch in meiner Praxis.
Der Horrorfilm „Get Out“ des amerikanischen Regisseurs Jordan Peele läuft seit 04.Mai 2017 in den Kinos in Nürnberg, Fürth und Erlangen.
2 Kommentare »»
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Kommentar von Sag ich net - 12. Mai 2017 um 14:26
Auf der Suche nach dem Kinoprogramm von Nürnberg habe ich Ihren interessanten Blogeintrag zu Get Out gelesen. Ist es möglich, wenn ich ich es möchte, mich zu hypnotisieren und mir zu sagen, dass ich z.B. beim Klimpern eines Kaffeelöffels immer entspanne und beim Kaffeetrinken meine Sorgen vergesse?
Kommentar von Michael Schramm - 15. Mai 2019 um 6:38
Im Kinofilm löst das Teelöffelklimpern bei der Hauptfigur Ohnmacht aus. Psychologen nennen das einen Schlüsselreiz oder Trigger (Auslöser), bei dessen Wahrnehmung eine instinkthafte oder erlernte Handlung ausgelöst wird.
Mit Hypnose ist es möglich, mittels einer sogenannten posthypnotischen Suggestion, also einer Suggestion, die nach der Hypnose wirken soll, einen Auslöser zu setzen, um bestimmte Handlungsweisen hervorzurufen. So suggerieren Hypnosetherapeuten sogar häufig, dass ein vorher abgesprochenes Wort oder eine vereinbarte Situation Entspannung bewirkt.