Freitag, 23 Dezember, 2016
Vom Sinn zum Unsinn
Ich hatte mir etwas vorgenommen. Einen guten Vorsatz. Nein, keinen guten Vorsatz für´s neue Jahr, wie manche sich vornehmen, im neuen Jahr mit dem Rauchen aufzuhören. Vielmehr einen guten Vorsatz noch im alten. Ich wollte einen Artikel für meinen Blog schreiben. Doch was sollte ich schreiben? Natürlich etwas sinnvolles, das Menschen,
die meine Internetseite besuchen, vielleicht auch lesen. Je mehr ich anfing, darüber nachzudenken, was vielleicht sinnvoll wäre, desto mehr schlichen sich leise Zweifel ein. Pflupp, da war ich wieder mal bei einem Thema gelandet, mit dem ich mich vor einiger Zeit schon mal beschäftigte: Dem Sinn (siehe auch: Flow – der Sinn des Lebens?). Doch was, werden Sie sich vielleicht fragen, hat die Suche nach einem Sinn mit Psychotherapie zu tun?
Der Wiener Psychotherapeut und Neurologe Viktor Frankl (1905 – 1997) war der Ansicht, dass die tieferliegende Ursache für Rund ein fünftel der Probleme, wegen denen die Menschen ihn in seiner Psychotherapiepraxis aufsuchten, das Fehlen eines Sinns im Leben war[1]. Schon früher, während des Zweiten Weltkriegs als Häftling im Konzentrationslager Auschwitz, machte Frankl die Erfahrung, dass der Glaube an einen Sinn dabei hilft, auch unter menschenunwürdigen Bedingungen zu überleben. In seinem Buch „… trotzdem Ja zum Leben sagen“ beschreibt er seine Beobachtung, dass diejenigen Mitgefangenen bessere Chancen zu überleben hatten, die einen Menschen hatten, der auf sie wartet. Nach dem Zweiten Weltkrieg begründete er die Logotherapie, die das existenzielle Streben nach einem Sinn im Leben als wichtigste Motivationskraft eines Menschen betrachtet.
Wenn es nun tatsächlich so ist, dass die tieferliegende Ursache für das psychische Leiden eines Menschen darin begründet liegt, dass er keinen Sinn im Leben sieht, dann ist es die Aufgabe eines Psychotherapeuten, ihn dabei zu unterstützen, einen Sinn zu finden oder, anders gesagt, sich einen Sinn zu schaffen.
„Vor lauter Unsinn machen ist mir Ihr Name entfallen“. Dieser Satz einer Anruferin, mit der ich bei einer psychologischen Telefonberatung einige scherzhafte Worte gewechselt hatte, ließen mich noch ein wenig weiter denken: Vielleicht ist manchem Sinnsucher auch und vor allem eines abhanden gekommen: Der Sinn für Un-Sinn.
„Du hast mal wieder nichts als Unsinn im Kopf!“ Woher kennen Sie diesen Satz? Wann haben Sie diesen Satz gehört? Vielleicht als Sie einmal so richtig Spaß, so richtig Freude an etwas hatten, als Sie als Kind nicht „mit dem nötigen Ernst“ bei einer Sache waren? Als Sie dem Froh-sinn frönten und leicht-sinnig dem Trüb-sinn oder Stumpf-sinn des Lebens ein Schnippchen schlagen wollten? Vielleicht als es Ihnen irr-sinnig erschien, was andere von Ihnen verlangten?
So sinnierte ich also vor mich hin. Dadada. Gadji beri bimba. Ob das alles jetzt irgendwie Sinn macht? Und wer soll das nun entscheiden? Zumindest haben Sie diesen Artikel bis hierher gelesen. Daraus ließe sich scharf-sinniger Weise zumindest schließen, dass er ein klein wenig interessant für Sie war oder Sie sich wenigstens ein kleines bisschen amüsiert haben. Dann hat sich – zumindest für mich – der Sinn erfüllt. Und vielleicht lassen Sie sich von mir auch dazu ermutigen, wieder einmal etwas vollkommen unsinniges zu tun? Was fällt Ihnen ein?!
In diesem Sinne:
Frohe Weihnachten!
(oder je nachdem:) Frohe Feiertage.
- [1] Irvin D. Yalom: „Existenzielle Psychotherapie“, S. 497
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